đź“„ die neue Abfallverbringungsverordnung der EU

Bei Verbringungen zur Verwertung aus der EU muss die Verwertungsanlage im Empfängerland einem Audit unterzogen worden sein. 

Diese Massnahme soll unseriöse Entsorgungspraktiken verhindern, erhöht aber gleichzeitig die Kosten und den bürokratischen Aufwand erheblich.

EU-Abfallverbringungsverordnung 2024: Die wichtigsten Ă„nderungen im Ăśberblick (Quelle: Umsetzung der Abfallverbringungsverordnung - Europäische Kommission

Executive Summary - Die Kernpunkte

Neue Verordnung (EU) 2024/1157 - verkĂĽndet am 30. April 2024, in Kraft getreten am 20. Mai 2024

Sofortige Auswirkungen fĂĽr die Recyclingbranche:

  • Exportverbot: Export von Kunststoffabfällen in Länder ausserhalb der OECD ist nun weitgehend verboten
  • Auditverpflichtung: Verwertungsanlagen im Empfängerland mĂĽssen vor Export einem Audit unterzogen werden
  • Verschärfte Kontrollen: Alle Abfalltransporte ĂĽber Staatsgrenzen unterliegen der novellierten Verordnung
  • Digitalisierung: Verbessertes Datenmanagement und verstärkte Behördenzusammenarbeit

1. Fundamentale Änderungen der Abfallverbringung

Das neue Exportverbot

Die wohl einschneidendste Änderung betrifft den Export von Kunststoffabfällen: Der bisherige Export in Nicht-OECD-Länder wie die Türkei ist ab sofort drastisch eingeschränkt. Dies führt zu einem massiven Rückstau minderwertiger Kunststoffqualitäten in Europa.

Direkte Folgen:

  • Ăśberschussangebot schlechter Qualitäten im EU-Markt
  • Preisdruck auf alle ReGranulate
  • Verschärfter Wettbewerb zwischen Recyclingunternehmen

Auditverpflichtung fĂĽr Exporteure

Bei Verbringungen zur Verwertung aus der EU muss die Verwertungsanlage im Empfängerland einem Audit unterzogen worden sein. Diese Massnahme soll unseriöse Entsorgungspraktiken verhindern, erhöht aber gleichzeitig die Kosten und den bürokratischen Aufwand erheblich.

2. Auswirkungen auf die Kunststoffrecycling-Industrie

Strukturelle Marktveränderungen

Die neuen Regelungen verstärken bereits bestehende Probleme der deutschen und europäischen Recyclingindustrie:

  • KapazitätsrĂĽckgang: Ăśber 1 Million Tonnen Verarbeitungskapazitäten wurden seit 2023 abgebaut
  • Standortnachteile: Hohe Energie- und Personalkosten in Deutschland werden durch zusätzliche Regulierung verschärft
  • Qualitätsdruck: Bessere Qualitäten bleiben zwangsläufig im EU-Markt und konkurrieren mit lokalen Produkten

Preisentwicklung bei ReGranulaten

Das Exportverbot führt zu einem direkten Angebotsüberhang in Europa. Qualitäten, die bisher in die Türkei oder andere Nicht-OECD-Länder exportiert wurden, müssen nun in Europa verarbeitet werden. Dies drückt die Preise für alle Kunststoffqualitäten nach unten.

3. Zeitplan und Umsetzung

Bereits in Kraft

  • Grundverordnung: Seit 20. Mai 2024 rechtskräftig
  • Exportbeschränkungen: Sofortige Wirkung fĂĽr Nicht-OECD-Länder
  • Auditverpflichtung: Gilt fĂĽr alle neuen Exportverträge

Ăśbergangsfristen

Die Verordnung sieht verschiedene Übergangsfristen vor, um der Industrie Anpassungszeit zu geben. Dennoch sind die wesentlichen Änderungen bereits wirksam.

4. Strategische Empfehlungen fĂĽr Recyclingunternehmen

Kurzfristige Anpassungen

  1. Qualitätsstrategie überdenken: Fokus auf höherwertige Verarbeitung
  2. Neue Absatzmärkte erschliessen: Verstärkte Suche nach EU-internen Kunden
  3. Kostenstruktur optimieren: Anpassung an verschlechterte Margen

Langfristige Positionierung

  1. Technologieinvestitionen: Bessere Aufbereitungstechnologien für schwierige Qualitäten
  2. Vertikale Integration: Kontrolle über die gesamte Wertschöpfungskette
  3. Spezialisierung: Konzentration auf Nischenmärkte mit höheren Margen

5. Fazit: Struktureller Wandel erfordert strategische Neuausrichtung

Die neue EU-Abfallverbringungsverordnung markiert einen Wendepunkt für die europäische Recyclingindustrie. Was als Umweltschutzmassnahme konzipiert wurde, führt kurzfristig zu erheblichen wirtschaftlichen Verwerfungen.

Die Botschaft ist klar: Recyclingunternehmen müssen sich von der bisherigen Export-orientierten Strategie verabschieden und europäische Lösungen entwickeln. Wer diese Transformation erfolgreich meistert, wird langfristig profitieren. Wer zu lange wartet, riskiert seine Marktposition.

Die Verordnung ist mehr als eine regulatorische Anpassung – sie ist ein Katalysator für die Neuordnung der gesamten Branche.


Quelle: Umsetzung der Abfallverbringungsverordnung - Europäische Kommission